Fasten für Einsteiger
Fasten – ist das nicht gegen die Natur, wo wir doch essen müssen, um die Leistungsfähigkeit beizubehalten, um zu überleben?
Das ist wohl der erste Gedanke, den Menschen haben, die sich unter dem Fasten nicht viel mehr vorstellen können als quälenden Verzicht und permanenten Hunger. Dabei ist das Fasten genauso natürlich wie das Essen. Tiere und Menschen aller Kulturen praktizieren es, gewollt oder ungewollt. Evolutionsbiologisch ist es sogar ein sehr sinnvolles Prinzip. Es hilft selbst in Hungerzeiten, leistungsfähig zu bleiben, wie beispielsweise in der Steinzeit für das Jagen und Sammeln. Zusätzlich stößt es im Körper heilsame Prozesse an, entlastet den Darm, erleichtert eine Ernährungsumstellung, stärkt das Immunsystem und lehrt, dass bewusster Verzicht ein bereichernder Gewinn sein kann.
Meine Motivation
Im Zuge meines Krankenpflegepraktikums arbeitete ich fünf Wochen im Immanuel-Krankenhaus in Berlin Wannsee unter der Leitung des Fastenexperten Prof. Dr. Michalsen. Die Abteilung für Naturheilkunde integriert in die Schulmedizin auch die ganzheitliche Medizin. Behandelt werden hier vorwiegend Patienten mit Rheuma, Arthrose, Fibromyalgie, Lungen-/ Herz-Kreislauf-/ Hauterkrankungen, Neuropathien oder Burnoutsyndrom. Die Klinik zeichnet sich durch ihre besonderen Therapien wie Ayurveda, Yoga, Chinesische Medizin, Mind-Body Medizin und vor allem das FASTEN aus. 90% der stationären Patienten werden während ihres Aufenthalts therapeutisch fasten, meist bis zu zwei Wochen.
Doch Fasten ist nicht gleich Fasten. Es gibt diverse unterschiedliche Methoden, sei es das Buchinger Fasten (Saftfasten), Schleimfasten, Wasserfasten, Basenfasten und noch viele mehr. Meist entschied man sich für das Buchinger-Saftfasten. Die Patienten berichteten immer wieder von einem „Fastenhoch“, „Vitalgefühl“ oder „Schmerzreduzierung um bis zu 50%“. Eine Motivation für mich, dies auch selbst unter Beweis zu stellen.
Da ich zum ersten Mal eine Fastenkur durchführen werde, entschied ich mich für das MODIFIZIERTE FASTEN.
Es handelt sich um eine moderatere Alternative, bei der man täglich Haferschleim und zweimal täglich pürrierte Suppen bzw. breiige Kost zu sich nimmt. Da diese Fastenkur nicht ganz so extrem kalorienreduziert ist, verspricht sie eine geringere Belastung für den Stoffwechsel und besseres Gesamtbefinden.
Die Dauer kann man selbst festlegen, jedoch sollte man beim ersten Fasten dies nicht länger als 14 Tage durchführen. Ich selbst hatte zu Beginn einen Entlastungstag, darauf folgend fünf Fastentage und anschließend noch einen weiteren Aufbautag, um den Darm schonend an die normale Kost zu gewöhnen.
Wirkung
Fasten stellt für den Körper eine Umstellung auf eine Hungersituation dar. Im Hungerstoffwechsel wird der Energiebedarf des Körpers in erster Linie aus dem Fettabbau, aber auch durch den Abbau von Proteinen gedeckt. Um einem übermäßigen Abbau von Protein (Muskulatur) im Körper entgegenzuwirken, werden bei vielen Fastenkuren wenige Kohlenhydrate in Form von Honig und Obstsäften angeboten.
Vorbereitung/ Einkaufsliste
Was brauche ich?
Bittersalz oder Glaubersalz (zum Abführen)
ca. 4 Portionen Obst (Banane, Apfel, Papaya, Heidelbeeren, ...)
Haferflocken
Reis
1l wahlweise Gemüsesaft, Tomatensaft, Sauerkrautsaft oder Rote-Beete-Saft (ohne Salz oder weiteren Zusätzen)
1kg Kartoffeln
3kg Gemüse (z.B. Möhren, Zucchini, Fenchel, Brokkoli, Kohlrabi, Sellerie)
Olivenöl
Leinöl
frische Kräuter
Leinsamen
Hirse
Knäckebrot
Wichtig ist es, auf ausreichend Flüssigkeitszufuhr zu achten. Zwei bis drei Liter Wasser oder ungesüßte Tees sollte man pro Tag zu sich nehmen.
Geeignete Tees:
Fenchel
Anis
Johanniskraut
Kamille
Melisse
Pfefferminze
Salbei
Thymian
KEIN aromatisierter Früchtetee
1. Entlastungstag
Um den Körper langsam auf die Ernährungsumstellung einzustellen, führt man zu Beginn einen sogenannten Entlastungstag durch. Am Abend werden zum Abführen zwei bis drei Esslöffel Glaubersalz in 250ml Wasser gelöst.
Natürlich sind die Grundregeln für das Fasten auch an diesem Tag schon einzuhalten: kein Alkohol, kein Kaffee, viel stilles Wasser oder ungesüßte Kräutertees trinken.
Frühstück: Haferschleim mit einer halben Banane
Mittag: eine Portion Reis mit gekochtem Gemüse (z.B. Brokkoli, Möhre, Sellerie)
Abendessen: 250ml Gemüsesaft (z.B. Sauerkraut), danach Glaubersalz
Fastentag 1:
Frühstück: Haferschleim mit einem Esslöffel Leinöl
Mittag: Suppe aus Kartoffeln, Möhren, Brokkoli und Petersilie mit einem Esslöffel Olivenöl
Abendessen: Suppe aus Möhren, Brokkoli, Sellerie, Porree und Petersilie
Fastentag 2:
Frühstück: Haferschleim mit einem Esslöffel Leinöl, 150ml Gemüsesaft
Mittag: Suppe aus Kartoffeln, Sellerie, Porree, Möhre und Petersilie mit einem Esslöffel Olivenöl
Abendessen: Suppe aus Kohlrabi, Zucchini, Möhren und Petersilie
Fastentag 3:
Frühstück: Haferschleim mit einem Esslöffel Leinöl, 150ml Tomatensaft
Mittag: Suppe aus Kartoffeln, Sellerie, Porree, Möhre und Thymian mit einem Esslöffel Olivenöl
Abendessen: Suppe aus Kohlrabi, Brokkoli, Möhren, Minze und Petersilie
Fastentag 4:
Frühstück: Haferschleim mit einem Esslöffel Leinöl, 150ml Sauerkrautsaft
Mittag: Suppe aus Kartoffeln, Fenchel, Zucchini und Majoran mit einem Esslöffel Olivenöl
Abendessen: Suppe aus Fenchel, Zucchini und Majoran
Fastentag 5:
Frühstück: Haferschleim mit einem Esslöffel Leinöl, 150ml Sauerkrautsaft
Mittag: Suppe aus Kartoffeln, Kohlrabi, Brokkoli, Möhre und Schnittlauch mit einem Esslöffel Olivenöl
Abendessen: Suppe aus Zucchini, Möhre, Brokkoli, Frühlingszwiebel und Petersilie
1. Aufbautag
Besonders wichtig ist es nach dem Fasten, auch, wenn es schwer fällt, einen Tag danach auf fettige Speisen oder Süßigkeiten verzichten. Nach der langen Ruhephase sollte der Darm langsam mit der „normalen“ Verdauungstätigkeit beginnen. Optimal sind kleine Portionen und leichtes Essen, um keine Bauchschmerzen zu riskieren.
Frühstück:
Leinsamensuppe: 2-3 EL Leinsamen in 500ml über Nacht ziehen lassen, morgens Leinsamen absieben und eine Tasse der Flüssigkeit trinken
2 Scheiben Knäckebrot mit vegetarischem Aufstrich oder Fruchtaufstrich
eine Schale Hirsebrei
1 TL Leinöl
ein Stück Obst (hier: Papaya)
Mittag:
Gemüsepfanne mit Couscous und Tomatensoße
ein Stück Obst (Banane)
Abendessen:
eine Tasse vorbereitete Leinsamensuppe (siehe Frühstück)
Gemüsesuppe
3 Scheiben Knäckebrot mit Aufstrich
150ml Gemüsesaft
1 TL Leinöl
Fazit
Während der ersten zwei Fastentage vermisste ich den intensiveren Geschmack der Lebensmittel, der durch Salz, Öl oder weitere Zusatzstoffe zustande kommt. Außerdem begleiteten mich leichte Kopfschmerzen und es fiel mir zunehmend schwer, das Süßigkeiten-Fach geschlossen zu halten oder auch auf den Start in den Tag mit meiner 250ml Tasse ... Kaffee!!! zu verzichten.
Die Kopfschmerzen ließen im Laufe der Tage nach, ebenso auch das Hungergefühl am Nachmittag. Der Körper gewöhnte sich an die Nahrungsumstellung. Jedoch freute ich mich auch auf jede Mahlzeit. Durch ausreichend Ablenkung, sei es ein Spaziergang in der Natur, Yoga, Lesen, etc. kann man die Tage gut überstehen und auch die kleinen Dinge im Alltag bewusster wahrnehmen.
Am Morgen des Aufbautages freute ich mich schon sehr auf das "üppige" Frühstück, fernab von Haferschleim. Plötzlich nahm ich einen viel intensiveren Geschmack der Lebensmittel wahr-das Essen als purer Genuss. Man lernt die Nahrung mehr zu schätzen, nimmt sie achtsamer und bewusster zu sich. Und das ist letztendlich auch das Ziel: wir essen nicht nur, um satt zu werden, sondern vor allem geht es um den Genuss und die Freude am Essen. Um den Lebensstil so weiterzuführen, eignet sich im Alltag das Intervallfasten. Man fastet 16 Stunden und isst innerhalb von 8 Stunden am Tag, beispielsweise von 10-18:00 Uhr oder von 12-20:00Uhr je nach Tagesrhythmus.
Das Fasten eignet sich jedoch nicht für jeden. Kindern und Jugendlichen im Wachstum, Schwangeren und Personen mit einer Essstörung oder schwerwiegenden Erkrankungen ist vom Fasten abzuraten.
Wow mein Frühstück ist normalerweise genau das. Haferflocken mit heißem Wasser und banane